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Mein Mann ist Vegetarier geworden, das war der Scheidungsgrund

Am 21. November 2019 hat „Die Welt ist ein Würstelstand“ im Schubert Theater Wien Premiere. Wurst, Kaffee und ein Interview mit einer charismatischen Klappmaulpuppe.

Redaktion: Jana Schulz
Fotos: Sebastian Kainradl

Die resolute Frau Resch betreibt ihren Würstelstand mit Herzblut, steht aber in einer gewissen Abhängigkeit zu ihrer Puppenspielerin.

Frau Resch, was ist die beste Wurst?

Die Käsekrainer, die ist am Würzigsten. Da muss ma an Gschissenen dazu essen, an süßen Senf. A Eitrige mit an Buckl und an Gschissenen, das ist urwienerisch.

Wir waren ja gerade Wurst essen am Würstelstand am Hohen Markt. Können Sie dieses Gericht denn überhaupt noch genießen?

Jo. Wissen Sie, Würste, mit Maß und Ziel genossen, schaden auch in größeren Mengen nicht. Die Wurst war relativ gut, ich schätze den Kollegen. I hob jo Bio-Würstel, i weiß net, ob der alles  bio hat.

Wie sind Sie Würstelstandverkäuferin geworden?

Das war mehr Zufall. I hob a Praktikum g‘macht, übrigens hier in diesem Kaffeehaus. Café Heumarkt, 3. Bezirk. Ich war a relativ junges Madl, ich war verheiratet, und, naja, dann hat sich des ergeben. Dann hat mal ein Gastronomiekollege gsagt, er verkauft einen Würstelstand, und dann hab ich mich quasi selbstständig g‘macht. So woa des.

Wann war das?

Jesses, des ist 33 Joah her.

Und hat sich seither etwas verändert?

Mein Gott, es gibt so viele Vegetarier. Das ist geschäftsschädigend. I waaß net. So a pickerte Glasnudel? Des brauch i net. Na. Einmal bin ich schon gefragt worden, ob ich Tofu-Würschtl hab. Da hab ich gesagt, bevor ich sowas verkauf, leg i mi am Zentralfriedhof.

Mein Mann ist vor a paar Jahr‘ Vegetarier geworden, das war der Scheidungsgrund. Wissen Sie, das geht net. Wenn man 33 Joah einen Würstelstand hat, und dahaam soll i nur noch Tofu und Erbsen kochen – des geht net zamm. Da sind lang erworbene Lebensauschauungen aufeinandergeprallt. Wissens, das ist, wie wenn Sie in der Flüchtlingshilfe arbeiten und mit einem FPÖ-ler verheiratet sind. Das geht sich net aus. Mir geht nix ab. Ich hab meine Leut, meine Kunden, ich hab eine Aufgabe, das ist schee.

Mein Leben, das is schon der Stand. Schauen Sie sich das Stück an, da erfahren Sie mehr.

Wie ist der Alltag als Würstelstandbetreiberin?

Ich bin quasi völkerverbindend. Zu mir kommt alles. Ich kann auch a bissl ausländisch. Ich erzähl den Touristen, wo‘s schee is, wo sie hingehen sollen. Letztens hat eine die Lipizzaner gesucht. Ich hab ihr dann einen Pferdeleberkäs verkauft. Den Witz hot sie net verstanden… Und dann hab ich ihr von den wirklich interessanten Dingen erzählt und sie zur Gruft gschickt. Ich mein die Gruft für die Obdachlosen. Der Kurt Swoboda, ein Stammkunde von mir, arbeitet dort manchmal ehrenamtlich, der kocht dort, dafür hat er sich von mir ein Würstelgulasch abgeschaut.

Gibt’s auch Deutsche, die Wiener bestellen?

Ja, denen muss ich das immer erklären, dass des bei uns die Frankfurter san. Sie kapieren des net. Gibt schon viele Deutsche. Aber die können ja nix dafür. Sind ja trotzdem liebe Leut.

Ich bin da weltoffen. Wer kann denn was dafür, wo er geboren wird? Wenn er zu mir kommt, kriegt er sei Wurscht. Ich selbst brauch gar net in der Weltgeschichte herumfahren, zu mir kommen eh alle.

Wie sind Ihre Öffnungszeiten?

Meistens sperr ich um 10 auf. Und zusperren tu ich, wenn keiner mehr kommt.

Da arbeiten Sie aber schon viel.

Das ist Arbeit, ja, aber es ist ja auch meine Welt. Da fühl ich mich wohl, da kenn i mich aus. Da bin ich der Chef.

Und wenn Sie mal frei haben, was machen Sie dann?

Naja, ich hab nicht so viel frei. Aber ab und zu Kaffee trinken, so wie jetzt mit Ihnen. Aber lang kann i net, weil der Würstelstand wird von einer Freundin betreut.

Den Herrn Ober kennt Resi Resch noch aus ihrer Zeit als Praktikantin.

Dann kommen wir schnell zur Sache: „Die Welt ist ein Würstelstand“ handelt von Ihrem Leben.

Man macht sozusagen eine Biographie über mich. Es war mir zuerst gar net recht, dass so viel erzählt wird von mir, oba bitte, vielleicht interessiert‘s die Leut. Den Ausgang verrat i noch net, weil sonst kommt jo keiner.

Sie sind nicht zum ersten Mal am Theater.

Ich hab mich schon mal kaufen lassen, ich geb’s zu. Das war damals eine Kooperation zwischen dem Schubert Theater und dem Rabenhof Theater, ein Text von dem Dirk Stermann, „Sechs Österreicher unter den ersten fünf“. Da hab ich auch schon mit meinem Würstelstand einen kleinen Auftritt ghabt. Und dann haben viele gesagt: Mein Gott, die Frau Resch muss man näher kennenlernen, die holen wir uns nochmal.

Sie stehen selbst auf der Bühne?

Richtig. Ich hoffe, ich werde den Herren und Damen da gerecht. Es sind ja auch noch andere Künstler auf der Bühne. Wir haben eine Musikerin, die ist quasi a Obdachlose neben meinem Würstelstand. Direkt von der Straße gholt. Das Fräulein Hilde, das hat a Akkordeon, das ist herzerwärmend. Die Regisseurin hab ich auch schon kennengelernt, Christine Wipplinger, eine ganz tolle Frau. Die arbeitet zum ersten Mal mit diesem Genre am Schubert Theater. Wissens, meine Kollegen sind ja Puppen. Sind ja net alle echt wie i.

Ist das nicht komisch für Sie?

Naja, das ist spannend. Komischerweise macht das eine allein, die tut sich das an. Die Frau Linshalm. Die macht des ganz lustig. Die hat g‘sagt, die spielt alles.

Kommt es zu Konflikten zwischen Ihnen und der Linshalm?

Wir diskutieren manchmal, ja. Zum Beispiel, wenn ich was singen muss, was ich nicht will. Aber letztendlich muss ich mich fügen…

In ihrem letzten Stück hat Frau Resch viele Zigaretten geraucht, deswegen ist ihr Gesicht etwas angesengt.

Sie gibt den Ton an, nicht Sie?

Ja, i bin do schon in einer gewissen Abhängigkeit, das müssen Sie verstehen. Oba dafür geht’s um mich in dem Stück. Das ist ja auch eine Ehre. Und den Co-Autor hab ich kennengelernt, den Stephan Lack, der macht das gemeinsam mit der Manuela Linshalm. Der hat sich meine Geschichte angehört, a Interview mit mir gemacht, so wie Sie jetzt. Hat ein bisserl was dazugedichtet, muss man auch sagen… aber so ist es nun mal am Theater. Damit sich das wer anschaut. Mein Leben allein wär da wohl zu fad.

Welche Figuren treten noch auf?

Es gibt den Herrn Dr. Tannhäusl, einen Medizinalrat, den hab i schon lang ins Herz geschlossen. Der arme Mann hat vor zwei Jahren seine Frau verloren. Ich tät ihn gern verkuppeln.

Dann gibt’s noch den Swoboda Kurtl, a gute Seel, aber das Leben hat’s net gut gmeint mit ihm. Mein Würstlstand ist fast sein Wohnzimmer. Er kriegt jeden Tag sein Bier. Wir plaudern. Bin i ned so allein, is er ned so allein.

Und ich habe gehört, dass es auch eine Ratte gibt?

Resch: Davon weiß ich nix.

Puppenspielerin Linshalm zur Puppe: Nein, Frau Resch, davon wissens nix. Es gibt eine Ratte. Ja, die kennen Sie gar nicht.

Resch: Achso? Da haben Sie mir jetzt aber was verraten. Was ist mit der Ratte?

Linshalm: Das müssens aber wieder vergessen fürs Stück, ja? Die wohnt bei Ihnen in der Mülltonne.

Resch: Wos? Ich schau doch so auf Hygiene! Ich hab a Ratte in der Mülltonne? Scheiße. Was ist mit der?

Linshalm: Naja, die ist recht gescheit. Die hat das Leben wirklich verstanden.

Resch: Dann hätt ich sie aber gern kennengelernt. Ich muss da nochmal mit dem Dramaturgen reden. Haben wir einen Dramaturgen?

Linshalm: Nicht wirklich. Wir könnten die Frau Schulz fragen.

Resch: Sie sind auch Dramaturgin?

Ich kann drauf schauen.

Resch: Vielleicht sollten Sie sich mit mir verbünden.Wenn da Figuren reingeschrieben werden, von denen ich nix weiß, weiß i net, ob das so gut is!

Linshalm: Das vergessen wir jetzt wieder.

Ich glaube, Sie sind eine tolle Kollegin, Frau Resch.

Das würde mich freuen.

Gibt es noch etwas, womit Sie abschließen wollen? Vielleicht mit Ihrem Lebensmotto?

Alles hat ein Ende, nur die Wurscht hat zwa. Das ist viel philosophischer, als es klingt. Denken Sie drüber nach!

Die Welt ist ein Dorf. Nein, in Wien ist die Welt ein Würstelstand.

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